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Warum Manager ins Kloster wollen

Man nehme eine Handvoll wichtiger Meetings, eine Prise entscheidender Termine und einen kräftigen Schuss E-Mails und Telefonate – fertig ist das Tagesmenü für vielbeschäftigte Manager. Wer davon nicht satt wird, nimmt sich eine Extra-Portion mit nach Hause, denn auch nachts und am Wochenende knurrt vielen der Magen, wenn der Erfolgshunger noch nicht gestillt ist.

In unserer modernen Leistungsgesellschaft zählen Fleiß und Erfolg – erst Recht in den obersten Etagen. Firmenwagen, 70-Stunden-Wochen und permanenter Zeitdruck sind die Statussymbole der Leistungsträger, die Ernennung zum Workaholic keine Beleidigung mehr, sondern fast schon eine Auszeichnung. Zeit für Familie, Freunde oder den persönlichen Ausgleich wird immer knapper. Da viele Manager ihren Job als Berufung sehen, tolerieren sie einen deutlich höheren Stresspegel.

Erste Anzeichen für Überarbeitung wie Schlaflosigkeit, ein nervöser Magen und Herzrasen werden meist noch ignoriert. Erst wenn die private Krise droht oder das Bonusmeilenkonto für eine dreifache Weltumrundung reichen würde, ziehen viele in letzter Sekunde die Reißleine. Timeout statt Burnout heißt die Ausfahrt von der Überholspur.

Viele Manager zieht es für eine Auszeit seit neuestem ins Kloster. Die mittelalterlichen Refugien erfahren derzeit eine regelrechte Renaissance. Bereits mehr als 200 Einrichtungen öffnen allein in Deutschland gestressten Managern ihre Pforten zum Müßiggang, fangen die rastlosen Seelen auf. Urlaub ist das Klosterleben aber nicht. Kost und Logis sind einfach und zweckmäßig. Streng geregelte Tagesabläufe, regelmäßige Gebets- und Schweigezeiten und die Mitarbeit in Küche und Garten erfordern das Einordnen eines jeden einzelnen in die Gemeinschaft.

Für Extravaganzen ist hier kein Platz. Der Lohn der Entbehrungen folgt dafür meist schon nach kurzer Zeit: innere Ruhe und zunehmende Gelöstheit bringen Erlösung von stressbedingten Leiden und schaffen einen klaren Kopf. Mangels Ablenkung steigt auch der Zwang sich mit dem eigenen Leben und beruflichen Idealen auseinanderzusetzen. Viele Kurzzeitmönche kehren bald mit frischen Kräften und neuen Prioritäten in ihren Chefsessel zurück, andere entscheiden sich für eine längere Auszeit oder gar den kompletten Neuanfang.

Wer einmal ins Klosterleben eingetaucht ist, kommt meist wieder. Das Geheimnis des Erfolges ist simpel. In keinem Wellnesshotel würden die gestressten Workaholics am Eingang freiwillig Handy und Laptop abgeben oder sich ein einfaches Bad auf dem Gang mit zehn anderen Gästen teilen. Ins Kloster aber kommen sie genau deswegen. Der Reizentzug und die Reduzierung auf das Wesentliche wirken reinigend. Die wenigsten verlassen die Heiligen Mauern jedoch mit einer Erleuchtung. Die zurückerlangte Fähigkeit zur Selbstreflektion ist aber ein Anfang und hilft vielen ihr Leben nachhaltig in den Griff zu bekommen.